Das Unheimliche

Das Unheimliche ist ein komplexer und uneindeu­tiger Begriff, der wahrscheinlich genau durch seine Uneindeutigkeit am besten zu beschreiben ist. Es ist eng verknüpft mit einer Entrückung von bereits Bekanntem, Unwissenheit, Aberglaube und einer daraus resultierenden Unsicherheit. Die so erzeugten Irritationen können unsere alltäglichen Routinen, eben das Heimliche und unser Identitätsgefühl in Frage stellen, persönliche Komfortzonen bedrohen und zu einem Gefühl des Unbehagens führen.

Wenn wir uns jedoch beispielsweise die Attraktivität von Gruselfilmen und Geisterbahnen ­anschauen, kommen wir trotzdem nicht umhin, dem Unheimlichen durch seinen aufregenden Charakter auch einen gewissen Reiz zuzu­sprechen. Für unser Projekt liegt der Fokus einerseits auf diesem Reiz des Unheimlichen und andererseits auf der Irritation, die durch Ambivalenz und das Infrage stellen von ­Bekanntem ausgelöst wird. Dieses Spannungsfeld zwischen Machtlosigkeit und Selbstwirksamkeit führt uns zu der Annahme, dass das Unheimliche bzw. das Unbehagen eine Art emotionale Weggabelung darstellt, die uns zum ­Handeln motiviert und dabei sowohl zum Weglaufen als auch zur näheren Untersuchung ­animieren kann. Eben diese Weggabelung lässt sich auch bei dem Umgang mit neuen Technologien beobachten. Wir haben uns die Aufgabe gestellt, den Pfad der Neugierde zu befestigen und den Gefühlen des Verlorenseins und der Hilflosigkeit konstruktiv zu begegnen.


Der Pfad der Neugierde

Das Unheimliche Tal beschreibt für uns einen Moment, in dem die Erosion unserer Weltbilder und Denkmuster zu einem Gefühl des Verloren­seins führen kann. Um bei der Reise durch dieses Tal eine Orientierung zu finden und sich neuen Eindrücken gewachsen zu fühlen, ist – metaphorisch gesprochen – eine erfahrene Begleitung hilfreich.

Veränderungen werden dann möglich, wenn wir uns trauen, unsere Komfortzonen zu ­verlassen und uns in unbekanntes Terrain vorwagen. Das Unheimliche charakterisiert den Bereich des Unbekannten und Neuen, in dem wir uns noch nicht auskennen, wo Herausforderungen warten und wo wir uns nicht sicher sind, ob eine Sache gut oder schlecht ist. An diesem Ort ist es möglich, sich einen neuen Stand­punkt zu bilden und seine Komfortzone zu erweitern.

Im Projekt nutzten wir irritierende Aspekte des Unheimlichen zunächst als Indikatoren, um relevante Themen in Bezug zu bioökonomischen ­Innovationen oder Veränderungen zu identifizieren und ausgehend von dieser subjektiven Erfahrung eine Relevanz für einen gesellschaftlichen Diskurs abzuleiten. Anschließend haben wir uns die Frage gestellt, wie eine Begegnung mit diesen Themen von Neugier und Offenheit geprägt sein kann und wie Orientierungshilfen zur Verfügung gestellt werden können.

Unser Ziel der Reise ins Unbekannte ist es, zu­sammen mit allen Beteiligten neue Perspektiven zu gewinnen und Erlebnisse zu schaffen, die uns motivieren, aktiv zu werden, um gemeinsam einen fruchtbaren Boden für die Bioökonomie zu schaffen – Farming the Uncanny Valley!



Eine erweiterte Darstellung des Begriffs des Unheimlichen findet sich in unserem Buch in Kapitel 3.